Vorgeschichte:
Diese Tour war eigentlich schon 1995 geplant, dann
geschah mir jedoch ein Mißgeschick oder war es verdammtes Glück?
Ich fuhr mit meinem Dawes Treckingrad um ein wenig zu trainieren schon ein paar Wochen vor dem Urlaub zur Firma (ca.20 km). Drei Tage bevor es losgehen sollte fuhr ich mit ziemlich viel Speed auf einen Radweg hinauf von der Straße. Ich hob das Fahrrad ein wenig an, da brach die Gabel am Schaft (unterster Gewindegang im Steuerkopf) und ich machte den Abflug. Als ich gerade die Teile auflas ging das Fenster in einer kleinen Firma auf, eine Bekannte schaute raus - ich wusste gar nicht dass die da arbeitete und leistete gleich erste Hilfe. Ich hatte Knie, Ellbogen und die Fingerkuppen aufgeschlagen, sonst schien alles paletti. Das defekte Rad stellte ich in den Hof telefonierte nach einem Taxi und ließ mich nach hause fahren. Dort holte ich meinen Kombi, fuhr an den Tatort zurück, packte das Rad ein und brachte es sofort zu meinem Fahrradhändler. In zwei Tagen sollte es fertig sein. Dann fuhr ich zur Arbeit. Sicherheitshalber ging ich doch noch zum Betriebsarzt (Wegeunfall) und der schickte mich sofort zum Unfallarzt. Leider war der Ellbogen angebrochen, so konnte ich zwar arbeiten (Schreibtischtäter) aber nicht mit dem Rad in die Alpen. Das Fahrrad wäre tatsächlich rechtzeitig fertig gewesen. Es war nun ein Unikum: bordeauroter Rahmen und grüne Gabel.
Die Tour startete also ein Jahr später an einem
Freitag nach Dienstschluss.
Anreise: Von Offenbach bei strömendem Regen
über Schaffhausen nach Bad Ragaz. Dort musste ich den Schlüssel
meines Hotelzimmers in einer Pizzeria holen bis das alles geschafft war,
war ich ziemlich feucht, es goss.
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1. Tag: Bad Ragaz - Kunkels-Pass - Tamins - Thusis - Via Mala - Andeer - Averser Rheintal - Cröt. Etwa 2000 hm.
(ca. 1500 hm)
Aus Richtung St. Moritz wartete eine Kolonne historischer Rolls Royce. In den offenen Wagen hatten die Insassen Schirme aufgespannt. Ich habe mich ganz nett mit einem älteren Ehepaar unterhalten. Sie waren schon über den Nufenen Pass, den Furka und Oberalppass und schließlich über den Julier Pass gefahren. Eigentlich wollten sie über den Bernina Pass fahren, da sollte aber Schnee liegen und das sei mit den historischen Bereifungen nicht zu schaffen. Nun wollten Sie über den Maloja Pass weiter nach Italien fahren.
Ich fuhr nun durch St. Moritz, wo ich teure Ersatz-Bremsgummis erstand. An der Bobbahn-Strecke entlang hinunter nach Celerina über Bever nach La Punt und weiter über Zuoz S-chanf und nun auf dem Inntalradweg (auf der rechten Seite des Inns) weiter nach Zernez (1473 m). Der Regen hörte allmählich auf.
Dieser Inntalradweg ist bei gutem Wetter wirklich schön, Man kann von Sils Maria bis Martina fast immer auf ordentlichen meist geschotterten Wegen autofrei fahren. Ab der Österreichischen Grenzstation beginnt der österreichische Inntalradweg, auch der ist zu empfehlen. Er benutzt weitgehend die alten Ortsstraßen und vermeidet so die ausgebaute Schnellstraße. Zwischen Prutz und Landeck führte bisher der Radweg direkt an der viel befahrenen Autostraße entlang, z. Teil musste man da sogar auf die Straße. Aber man kann dieses Stück wie die alten Römer über den Kaunerberg - Piller - umfahren (sehr schön und ruhig, aber etwa 700 hm) Von Imst abwärts ist der Radweg bestens ausgebaut, ich kenne ihn allerdings nur bis Schwaz. Für Rennräder oder Reiseräder mit viel Gepäck ist er im oberen (Schweizer Teil) weniger geeignet. Moutainbikes sind nicht erforderlich. Allerdings macht man auch einige Höhenmeter.
Ab der Passhöhe des Ofenpasses (2194 m, dieser
Pass hat zwischen Zernez und der Passhöhe eine Gefällstrecke
von mehr als 150 hm, das muss man einkalkulieren. Die Passstraße
ist wenig befahren.) kam sogar die Sonne heraus und ich konnte die Abfahrt
hinunter nach St. Maria genießen. In St. Maria suchte ich die JH
auf, schon aus nostalgischen Gründen, denn dort hatte ich schon einmal
1965 übernachtet. Das ist ein sehenswertes altes Haus mit einer kompletten
Engadiner Stube. Leider soll es als JH aufgegeben werden, weil es den Energiesparvorstellungen
des Schweizer JH-Verbandes nicht mehr entspricht und sich die kleine Gemeinde
die etwa 1,5 Mio sfr teure Sanierung nicht leisten kann. (Anmerkung im Jahr
2006: Glücklicherweise konnte die Jugendherberge erhalten werden!)
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Dieses Dorf war in den letzten Jahren nur noch im Sommer bewohnt, die Zufahrt von Scuol ist im Winter wegen Lawinen nicht passierbar. Angeblich blieb eine einzige alte Frau auch im Winter dort. Jetzt soll ein Hotel auch im Winter bewirtschaftet sein, das die Gäste mit Pferdeschlitten von San Jon oberhalb von Scuol aus abholt. Ich fürchte irgendwann wird der Pferdeschlitten von einer Lawine erwischt und dann wird im Winter nur noch der Hubschrauber benutzt.
Über Scuol, wo es ein sehr schönes Hallenbad (allerdings nicht ganz billig) und einen hervorragenden Bikeladen (da bekommt man auf die Schnelle auch schon mal ein Rad neu eingespeicht) gibt. (Anmerkung 2006: den Bikeladen gibt es nicht mehr!)
Weiter fuhr ich den Inn hinunter über Martina
(Schweizer Grenzstation) bis Vinadi (Weinberg, ca. 1000 m). Von Vinadi
aus fuhr ich auf der Anfang des Jahrhunderts erbauten Erschließungsstrasse
für Samnaun durch einige abenteuerliche Galerien und Tunnel hinauf
nach Compatsch/ Samnaun. Compatsch ist ein richtig schönes altes Dorf
und hebt sich wohltuend von der zollfrei-Goldgräber- Siedlung Samnaun-Dorf
ab. Ich übernachtete für ziemlich viel Geld im Hotel Edi. Bei
späteren Fahrten nach Samnaun fand ich sehr gute Pensionen in Compatsch
wo man hervorragende Zimmer mit Bad/WC und einem guten Frühstück
im Sommer für 35 sfr bekommt. Auch eine Fahrrad Unterbringung gibt
es da.
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Aber jetzt regnete es immer mehr. Von Samnaun-Dorf fuhr ich auf einer recht ordentlichen Schotterstraße hinauf zum Zeblasjoch. Unterwegs traf ich einen etwa 80 Jahre alten Bergführer, der mit drei auch schon älteren Herrschaften zum Sulner Gletscher wanderte. Die vier waren mit großen Ponchos gegen den Regen geschützt, während ich nur meine Regenjacke, meine lange Radlerhose und Turnschuhe und Radlerhandschuhe trug. Trotzdem fror ich nicht, obwohl der Regen bald in Schnee überging und sogar liegen blieb. Auf dem Zeblasjoch (2539 m) verlor ich wegen des dichten Schneetreibens ein wenig die Orientierung. Da der Schnee alle Farbmarkierungen auf den Steinen zugedeckt hatte wurde es richtig schwierig. Sogar die Gemsen verloren die Übersicht, stand ich doch plötzlich mitten in einer etwa 10 Tiere starken Familie. So verpasste ich den richtigen Weg, der vom Zeblasjoch auf dem Kamm weiter hinauf zum Inneren Viderjoch führt und von dort auf guter Schotterstraße hinunter zur Idalpe.
Ich hielt mich an schlecht erkennbaren Pfaden abwärts und kam fast ohne einen Meter zu fahren schließlich mit abgeschmirgelten Bremsklötzen bei der Bodenalp an, wo ich mich bei einer Suppe erst mal wieder etwas aufwärmte.
Weiter fuhr ich auf schmaler asphaltierter Straße zum Schluss ganz steil hinunter nach Ischgl und von da wegen des Regens auf der Hauptstraße hinauf nach Galtür, wo ich neue Bremsklötze erstand.
An der Mautstelle der Paßstraße zur Bieler Höhe (Fahrräder sind frei) erzählte man mir, dass diese Straße erst gerade wieder nach der Sperrung wegen Schnees freigegeben worden sei. Man sah auch noch richtige Schneeberge, die der Schneepflug hinterlassen hatte. Jetzt schneite es nicht mehr, aber der Regen ging weiter.
Kein Mensch war auf dieser Straße unterwegs. Da sah ich an der Böschung eine Plane, aus der zwei Gummistiefel hervorlugten. Eine Leiche? Es war nur ein junger Viehhirte, der es sich so vor dem Regen geschützt bequem gemacht hatte. Wir redeten ein wenig miteinander und teilten die Hälfte einer Schokoladentafel, dann radelte ich weiter bergan bis zum Madlener Haus, wo schon Hemingway gepokert hat. Im Madlener Haus, das der Alpenvereinssektion Wiesbaden gehört, bezog ich ein Zimmer und aß gut zu Abend. Leider war die Heizung des Trockenraums ausgefallen.
Ab St. Gallenkirch ging es wieder bergauf und ab Gargellen (1478 m) zunächst auf einem fahrbaren Schotterweg weiter, der aber bald in einen schmalen Wanderweg mündete. Ab etwa 2000 m Höhe lag richtig Schnee während es sonnig und warm war. Ich ging in kurzen Hosen und kurzen Armen (gut eingeschmiert gegen die Sonne). Der Weg war richtig zugeschneit. An einer Stelle trat ich neben die eigentlich Wegspur, rutschte aus, konnte das Rad gerade noch an den Hang werfen und hielt mich an Alpenrosen Gestrüpp fest. Außer ein paar Abschürfungen trug ich keine Blessuren davon.
Oben auf der Passhöhe (2379 m) sah es aus wie im Winter Dick verschneit, meterhohe Schneewächten und eine geschlossene Zollwachthütte. Wegen des Schnees aber auch vom Weg her war der erste Teil der Abfahrt bis zu einem Bach nicht fahrbar. In diesen Bach stieg ich mit Schuhen und Fahrrad, weil der letzte Teil des Weges wegen des Regens der letzten Tage und wegen eines Viehtriebs eine einzige Schlammwüste war. Die Idee war aber nicht so gut. Denn nun verschwand die sonne hinter Wolken und ich fror.
Nach meinem veralteten Verzeichnis sollte es in St. Antönien (1420 m) eine JH geben, die war aber wohl aufgegeben und ich übernachtete in einem kleinen Hotel, das von einem Spitzenkoch geführt war.
Wieder zurück in Bad Ragaz ging ich doch noch
in die wirklich sehenswerte Taminaschlucht und fuhr anschließend
nach Hause.
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