1. Tag, Samstag 29.07.00 : Sur En - Martina - Vinadi - Compatsch (Samanaun)
1000 hm
Wir trafen uns um 13.00 Uhr beim Campingplatz in Sur En. Achim aus
Villingen hatte Anselm aus Lemgo und Wolfgang aus Ulm mit seinem VW-Bus
mitgebracht, Jörg und Jan aus Hanau hatten Heiner aus Freiburg mit
dem Passat antransportiert. In Sur En kann man sehr gut das Auto stehen
lassen. Schon vor der Inn-Brücke gibt es Platz. Jenseits der Inn-Brücke
ist der Campingplatz und danach gibt es noch ein Gasthaus und weiter Platz
um Autos abzustellen.
Bild vom Start
Wir radelten etwa um 14.00 Uhr, nachdem Anselm ein Vollbad im kalten
Inn genommen hatte, auf dem Inntalradweg los. Schon nach etwa 5 km brach
an Achims Mountainbike die erste Speiche. Anselm fuhr mit Achim zum Auto
zurück, erreichten etwa um 15.00 Uhr den Bikeladen in Scuol (Anmerkung 2006: den
gibt es leider nicht mehr!), fassten
eine Ladung Speichen, liehen sich den Ritzelabzieher aus (nach Murphy's
Law brechen die Speichen immer auf der Ritzelseite) und speichten das Rad
auf der Ritzelseite völlig neu ein. Etwa um 16.00 Uhr waren sie fertig,
nur um 25 sfr ärmer und konnten den anderen hinterherfahren.
Das Wetter war zunächst noch schön und warm. Aber bereits
als der Voraustrupp die erste lange Galerie zwischen Martina und Vinadi
erreichte fing es an zu tröpfeln, hörte aber gerade nach der
Galerie (wie praktisch) wieder auf. Der Anstieg von Vinadi hinauf nach
Samnaun zieht sich.
Bild vom Anstieg nach Samnaun
Die Strecke wäre sehr schön, wenn es die vielen Autos nicht
gäbe, die besonders in dem ersten langen Tunnel nerven. Darüber hinaus
scheint das zollfreie Samnaun mit billigem Schnaps und Benzin auch noch
lauter verrückte Autofahrer anzuziehen. Jan merkte bald, dass er vor
dieser Fahrt zu wenig trainiert hatte. Er besaß zwar das leichteste Mountainbike,
aber die Kondition wird dadurch nicht ersetzt. An der Zollstelle schlug
Jörg der kleinen Voraustruppe vor, einen kleinen Umweg über eine
schöne Mountainbikestrecke zu wählen. Jan wollte nicht, aber
Heiner und Wolfgang freuten sich auf eine ruhige Strecke ohne Autos. Direkt
an der Zollstelle geht auf der linken Seite (in Fahrtrichtung) des Baches
eine schmale Fahrstraße bergan. Diese ist zunächst asphaltiert,
dann geschottert. Die Strasse verläuft zuerst auf Schweizer Gebiet.
Nach etwa 2 km wechselt sie auf die andere Bachseite und somit auf österreichisches
Gebiet. Nach weiteren etwa 2 km Anstieg kann man über ein Brücke
wieder über den Bach wechseln. Man erreicht hier den Samnauner Sprüche
und Aphorismen-Weg, der direkt nach Compatsch führt. Etwa 500 m vor
Compatsch begann es wie aus Kübeln zu regnen und Jan feixte, als er
uns tropfnass ankommen sah.
In Compatsch bezogen wir unser Quartier in der Pension Soliva mit Fahrradgarage,
schönen Doppelzimmern mit Südbalkons und ausgezeichnetem Frühstück.
(Telefon: 0041 81 86 18 151). Wir zogen uns kurz um und besuchten das wunderschöne
Alpenquellbad, das unmittelbar neben der Pension liegt. Das tat gut.
Nach dem Bad trafen wir unsere Radeinspeicher wieder und gingen zusammen
im benachbarten Hotel Romantica gut Essen.
2. Tag, Sonntag der 30.07.2000) : Compatsch (Samanaun) - Alp Trida - Äußeres Vider Joch - Idalpe - Bodenalp - Heidelberger Hütte (1800 hm)
Nach einem guten Frühstück brachen wir im Morgennebel auf.
Direkt hinter dem kleinen Kirchlein entdeckten wir das Mountainbikeschild.
Wir folgten diesem Weg zunächst durch einen hochstämmigen Lärchenwald
und dann über weite Wiesen, die im Winter als Skiabfahrt dienen an
einem der größten Felsbrocken vorbei auf gutem geschotterten
Fahrweg zur Alp Trida (2263 m). Bei dem alten Skihaus setzten wir uns bei
leichtem Nieseln auf die Terasse und tranken erst mal eine Ovo. Die Landschaft
ist hier ganz schön verdrahtet durch die vielen Skilifte und der Boden
ist auch gut abgeschabt. Die Bergbahnen werden auch für Mountainbiker
und Spaziergänger betrieben. Bei dem schlechten Wetter wurde die Sesselbahn
auf das Vider Joch nur für ein wanderndes Pärchen angestellt.
Weiter schoben wir auf etwas schlechteren Schotterwegen hinauf, der
Nieselregen ging in Schnee über, der Weg blieb aber schneefrei. Nur
auf Altschneeresten und auf Wiesen blieb der Schnee liegen.
Bilder von der Auffahrt und Jan im Schnee
ansehen
Im Eingang der Grenzwachthütte auf dem äußeren Vider
Joch (2737 m) zogen wir erst mal warme Sachen und Regenjacken an.
Bilder vom Vider Joch ansehen
Dann ging es auf einem Ziehweg, der für die Skifahrer freigeschoben
worden war, steil hinunter auf die Idalpe. Ein kleines Stück ging
es noch mal bergauf, bevor man auf einem geschotterten Fahrweg das Berggasthaus
Idalpe (2311 m) erreichte. Dort wurde mal wieder umgebaut, jedenfalls sah
es sehr ungastlich aus. Wir nahmen die nun asphaltierte schmale, steile
Bergstraße hinunter zur Gampenalp unter die Räder. Dabei liefen
die Bremsen und Felgen richtig heiß. Heiner stellte fest, dass seine
Bremsleistung für dieses Gefälle gerade noch ausreichte. Beim
nächsten Mal ersetze ich meine Cantileverbremsen durch V-Brakes meinte
er.
Bei der Kapelle der Gampenalp (etwa 1600 m, Bild
ansehen) zogen wir uns wieder die leichteren Sachen an und radelten
wieder bergan bis zum Berggasthaus Bodenalp (1842 m). Dort nahmen wir ein
verspätetes Mittagessen ein. Nach dem Essen wurde das Wetter zunehmend
besser und wir fuhren weiter hinauf zur Heidelberger Hütte. Unterwegs
überholten uns zwei große amerikanische 4WD Pickups, die auf
den Ladeflächen Gepäck und einige Kinder zur Heidelberger Hütte
transportierten.
In der Heidelberger Hütte (2264 m, Telefon: 0043 554 5418) bezogen
wir alle zusammen ein Zimmer, duschten und warteten mit Lügenmäxchen
auf das Abendessen.
3. Tag, Montag der 31.07.2000: Heidelberger Hütte
- Fimba Pass - Vna - Ramosch - Sur En - Uina Schlucht - Uina-Pass - Sesvenna-Hütte
Etwa 1800 hm
Schon beim guten Frühstück sahen wir den blauen Himmel. Also
war Sonnencreme angesagt.
Bis hinauf auf den Fimbapass kann man das Radeln vergessen. Da ist
Schieben und ein ganz klein wenig Tragen angesagt. Von der Hütte aus
überquert man bei dem kleinen hütteneigenen Wasserkraftwerk auf
einem Steg den Bach, dann geht es steil auf einem Wanderweg bergan. Jan
meinte, er verstehe nicht warum wir überhaupt Fahrräder mitgenommen
haben. Ohne diesen Ballast ginge es doch viel leichter. Zudem trafen wir
noch ein älteres Ehepaar, das wir schon in Compatsch gesehen hatten
und die nun zu Fuß Richtung Unterengadin unterwegs waren.
Bilder vom Fimbapass ansehen
Trotzdem erreichten wir nach 1 1/2 Stunden die Passhöhe (2608
m).
Nun sollte die spektakulärste und schönste Single Trail Abfahrt
der Alpen kommen. Jedenfalls steht es so in vielen Mountainbikeheften,
die vermutlich alle voneinander abschreiben. Tatsächlich kann man
fast alles auf der Singletrail Strecke bis etwa Tschofla (ca. 2000 m) fahren,
wo dann eine geschotterte Fahrstraße beginnt, die bis Vna (1630 m)
führt. Aber einige Stellen sind doch sehr schwierig, so dass man besser
ein paar m schiebt. Als erster unserer Truppe legte Wolfgang einen sauberen
Abroller hin. Bald folgte Anselm. Beide mit Telegabel, Wolfgang mit dem
besten Fully (Klein) unserer Truppe. Bis zum Abend hatten alle bis auf
den Senior Jörg irgendwie Bodenkontakt. Der kannte die Strecke schon
und erinnerte sich an seine erste Fimbapass-Abfahrt 1997 als von den drei
zufälligen Fahrtgefährten die beiden Fullyfahrer ebenfalls saubere
Überschläge hinlegten aber auch nur kleinere Schrammen davontrugen.
Auch diesmal gab es nur Hautabschürfungen und leicht blutende Kratzer.
Ab Vna gab es die tolle Asphaltabfahrt bis hinunter nach Ramosch (wieder
mit ganz heißen Bremsklötzen). Bei Ramosch zeigte uns Anselm,
dass an seinem Univega Mountainbike mit SRT-Telegabel die Gabel in voll
eingefdertem Zustand festgegangen war. Außerdem eierte das hinterrad
ein wenig.Von Ramosch fuhren wir ein kurzes Stück auf der Inntalstraße
talaufwärts bis zum Abzweig nach Sur En. Mit dem Werkzeug aus dem
Auto wurde erst mal Heiners Steuerkopf nachgezogen, die verschiedenen Räder
zentriert und an Anselms Telegabel zerrten wir ohne Erfolg mit vereinten
Kräften, die wollte einfach nicht mehr ausfedern. Wo nichts hilft,
hilft Öl. Anselm kippte den halben Inhalt von Jörgs geizig verteiltem
Fahrradöl in die Gabel. Nach der nächsten Abfahrt federte die
wieder als wäre nichts gewesen.
Am Campingplatz (1123 m) gab es ein kleines Nudelgericht und weiter
ging es auf der geschotterten Fahrstraße bergan durch den unteren
Teil der Uina-Schlucht. Es war recht warm und zum Teil ist die Straße
so steil, dass die meisten von uns streckenweise abstiegen um das Rad zu
schieben. Da tauchte von hinten ein einzelner Mountainbiker auf, der stramm
bergan radelte. Das konnte sich Anselm nicht bieten lassen. Er spurtete
hinterher und kämpfte den Fremdling nieder. Jörg traf den jungen
Mann im Gras sitzend an. Der meinte er warte nur auf seine Schwester, die
bald auftauchte und das Rad schob. Anselm war nicht mehr zu sehen. Das
Geschwisterpaar war ein nettes Gespann. Wir stellten dem Mädchen noch
die Schaltung richtig ein, weil sie die kleinste Übersetzung nicht
benutzen konnte. Unterwegs kommt man noch bei einer kleinen Hütte
am Weg vorbei und später liegt ein Mühlstein am Weg.Der erinnert
an die Mühle des Uina-Tals. In diesem Tal sollen noch vor etwa 100
Jahren mehrere Familien als Selbstversorger gelebt haben. Man baute Getreide
an und malte es selbst aus. Heute gibt es nur noch zwei Alphütten:
Uina Dadora und Uina Dadaint (ca 1700 m). Letztere wurde in den letzten
Jahren von einem Senn aus Deutschland im Sommer bewirtschaftet, der auch
Getränke und selbstgemachten Jogurth und Käse anbietet. Anselm
hatte das schon mal ausgekundschaftet und kam uns stolz wieder etwa 150
hm niedriger entgegen.
Bei Uina Dadaint ist es richtig idyllisch mit Katzen und freilaufenden
Gänsen. Der Weg wird ab Uina Dadaint schmaler und geht bald in den
1910 in den Felsen gesprengten Schluchtweg über.
Bilder der Uina-Schlucht ansehen
Das ist einer der grandiosesten Schluchtwege der Alpen. Da der Weg
ziemlich breit ist, kann man ihn gefahrlos auch mit dem Fahrrad begehen.
Nur Selbstmörder versuchen hier zu fahren. Nach dem Schluchtweg machten
wir eine Rast und das Geschwisterpaar erreichte uns. Das Mädchen erzählte
uns, sie könne nicht in die Tiefe blicken und habe immer nur zur Felswand
geschaut. Es sei der Horror gewesen. Aber sie war schon wieder guter Dinge.
Nach dem Felsenweg (2157 m) kann man auf einer Single Trail Strecke bis
zur Schlingeis-Passhöhe (2306 m) weitgehend fahren. Dann geht es Single
Trail über die grüne Grenze nach Italien (Südtirol) und
weiter bis zur Sesvenna Hütte ( ca. 2200 m, Telefon 0039 0473 830234),
die nur wenig von der Ruine der Pforzheimer Hütte entfern liegt. Unsere
Mannschaft war nun doch etwas müde, so dass sich die kleinen Patzer
beim Abfahren häuften. Wir waren uns einig, dass es gut war, nicht
noch die Abfahrt nach Schlingeis oder Burgeis anzuhängen wegen des
damit verbundenen Sturzriskos.
Wir bezogen wieder ein gemeinsames Zimmer, das sogar eine eigene Dusche
und ein WC hatte. Das Essen war sehr gut (Saltimbocca). Leider meinten
ein paar Mountainbiker, sie müssten sich ihre Heldentaten bis um 1
Uhr nachts rauchend unter unserem Zimmerfenster erzählen. Selbst auf
mehrfache Mahnung reagierten diese Holzköpfe nicht. Ich nehme mir
fest vor, falls so was wieder passiert, das Feuer mit einem Eimer Wasser
zu löschen.
4. Tag, Dienstag, der 01.08.2000: Sesvenna-Hütte - Schlinig - Kloster Marienberg - Burgeis - Taufers - Müstair - Sta Maria (Kulturtag, nur ca. 800 hm)
Blauer Himmel, Sonne satt und dazu als Anfang eine rasante Abfahrt.
An der Ruine der Pforzheimer Hütte vorbei ging es auf geschotterter
Straße bis zu dem Steilabfall, von wo man einen schönen Blick
ins Schlinigtal hat. Über diesen Steilabfall mit Wasserfall führt
die Schotterstraße teilweise in den Felsen gesprengt extrem steil
hinunter. So steil, dass Heiner wieder feststellte, dass seine Bremsen
nicht ausreichten, Jörg schob sowieso und die anderen hatten alle
ein mulmiges Gefühl. Aber das ist nur ein ganz kurzes Stück.
Bilder vom Schlinigtal ansehen
Dann geht es weiter sanft bergab zunächst geschottert und dann
asphaltiert nach Schlinig (1738 m) Bei Schlinig kann man rechts ab
über eine schmale Fahrstraße hinunter nach Schleis fahren. Wir
blieben auf der Fahrstraße um das Kloster Marienberg oberhalb von
Burgeis zu besichtigen, es war ja der Kulturtag. Zu einer Klosterführung
konnte Jörg die anderen nicht überreden, obwohl die gerade begann
(10.00 Uhr), aber die schöne barocke Klosterkirche zogen wir uns rein.
In Burgeis wurde erst mal der Geldautomat gestürmt, dann fuhren
wir weiter. Wir nahmen den Weg an der Fürstenburg vorbei der schmal
und nur für Mountainbikes geeignet ist (Anmerkung 2006; Das war einmal. Der
Weg ist jetzt asphaltiert!). Es gibt noch einen zweiten,
asphaltierten Weg auf der linken Seite des Etsch nach Schleis und weiter
nach Laatsch.
Ab Latsch über die Calvabrücke fuhren wir ein kurzes Stück
auf der Straße, dann führte eine geschotterte Fahrstraße
auf der linken Seite des Rambach hinauf nach Taufers, wo wir uns mit Proviant
versorgten (Mortadella, Bergkäse, Anisbrotringe usw.)
Auf der Straße passierten wir die Grenze zur Schweiz und fuhren
weiter bis zum Kloster Müstair.
Hier mussten wir erst mal beratschlagen, wie es weiter gehen sollte.
Wolfgang wollte am Mittwoch früh mit der Familie von Ulm aus in Urlaub
fahren. Sein Auto stand in Susch. Er wollte unbedingt mit dem Rad bei der
Hitze über den Ofenpass nach Susch und dann noch mit dem Auto nach
Ulm. Wie bestellt stand ein Postbus auf dem Parkplatz. Für etwa 20
sfr wollt der Fahrer Wolfgang mitsamt Fahrrad bis auf die Ofenpasshöhe
mitnehmen. Nachdem wir alle gut zuredeten, fügte sich Wolfgang in
sein Schicksal und verließ uns per Bus. Wir lagerten auf dem schönen
kleinen Campingplatz am Rambach und aßen unsere eingekauften Köstlichkeiten.
Danach besichtigten wir das UNESCO-Kulturerbe das karolingische Kloster
Müstair. In der Klosterkirche ging Jörgs Brillenbügel ab,
das winzige Schräublein war verschwunden. Jan entdeckte Fürbittkärtchen
mit Draht, der bestens zur Brillenreparatur geeignet war. Da ging wirklich
einmal ein Wunsch in Erfüllung. Auf einem Fahrweg rechts oberhalb
der Autostraße erreichten wir Sta Maria. Wir stellten schnell das
Gepäck in der Jugendherberge (Telefon: 0041 81 858 5052) ab und gingen
dann hinunter an den Rambach (Rom) und nahmen in den gar nicht so kalten
klaren Fluten ein Bad.
Bilder vom Bad und von Sta Maria ansehen
Der Kulturtag war noch nicht zu Ende. Der 1. August ist Schweizer Nationalfeiertag,
die Läden sind zu und nach Sonnenuntergang gab es auf allen bergen
ein großes Feuer und wir gingen mit Fackeln zu einem Versammlungsplatz,
wo der Bürgermeister des 400-Seelen-Dorfes eine launige Rede hielt,
in der er auch verkündete, dass die JH saniert wird.
5. Tag, Mittwoch 02.08.2000: Sta Maria - Döss Radond - Alp Sprella - Passo Val Mora - Paso di Fraele - Lago di San Giacomo di Fraele - Cancano See - Torri di Fraele - Arnova - Torre di Fraele - Lago San Giacomo di Fraele (ca. 1200 hm).
Die Sonne schien immer noch, aber der Wetterbericht versprach schlechteres
Wetter, Nach dem reichhaltigen Frühstück in der JH fuhren wir
einige 100 m aus dem Dorf heraus und bogendann nach rechts auf einen ordentlichen
geschotterten Forstweg ab. Durch hochstämmigen Lärchenwald zieht
der Weg bergan und trifft nach einiger Zeit auf den als Mountainbikeweg
ausgeschilderten Weg, der zwischen Valchava und Fuldera von der Ofenpassstraße
abzweigt. Jan schob schon bald wieder. Dann verloren wir ihn aus den Augen.
Bei der Alp Praveder warteten Achim und Jörg längere Zeit auf
Jan, aber er kam nicht. Die anderen waren schon weiter geradelt. Schließlich
sahen wir Jan wieder und auch Jörg und Achim radelten weiter. Nach
der Passhöhe (2234 m) trennten sich Achim und Jörg, Jörg
wartete wieder lange auf Jan, während Achim zu den anderen aufschloss.
Jörg fuhr schon ein Stück zurück als endlich Jan ankam.
"Ihr fahrt immer nur zu und seht gar nicht was es hier alles interessantes
gibt." Meinte er. "Ich habe beinahe ein Murmeltier gefangen. Da stand so
ein Vieh vor seinem Bau und pfiff. Ich ging langsam hin, da verschwand
es erst in seinem Bau, als ich schon auf ein paar Meter dran war. Also
stieg ich oberhalb vom Bau hin und wartete, direkt über dem Bau. Richtig
nach einiger Zeit tauchte das dicke Murmeltier wieder auf und schaute ins
Tal, ich direkt dahinter. Nun hätte ich nur noch zugreifen müssen,
aber die haben ja schrecklich lange Zähne. Da ließ ich das doch
lieber bleiben."
Nach der Passhöhe geht der Weg sanft bergab. Schöne
Weiden und Buschruppen bilden einen Park und mitten durch fließt
der Mora-Bach. Bei einer kleinen Brück saßen Heiner, Anselm und Achim
im Gras und warteten auf uns. Es wurde gevespert und alle stiegen in den
klaren und kalten Bergbach. Besonders Anselm konnte nicht genug kriegen.
Der gut fahrbare Weg folgt nun dem Bach auf der rechten Seite. Dann
steigt er an und führt als gut fahrbarer schmaler Weg durch die Bergfören
(Latschen) immer parallel zum Bach, bis er über eine Brücke die
Bachseite wechselt und nun auf der linken Seite weiter geht. Es folgen
einige Stellen, an denen der Weg nur noch als Trampelpfad in den Schutthang
getreten ist. Jörg, der diesen Weg schon zweimal gegangen ist meinte
in diesem Jahr wäre er viel breiter als früher angelegt. Meist
konnte man fahren oder zumindest bequem schieben.
Am Ende des schmalen Taleinschnitts überquert man die Staatsgrenze
nach Italien. Hier beginnt der Nationalpark Stilfser Joch mit einem breiten
gepflegten Weg, Parkbänken und Brunnen und vielen Wanderern (bzw.
Spaziergängern), die das Auto beim Lago di San Giacomo di Fraele parken.
Wir fuhren auf die linke Seite des Sees. Da wir kein Nachtquartier vorbestellt
hatten (Jörg hatte erzählt, dass es in dem Tal kein Telefon gebe.
Das hat sich mittlerweile geändert, einige Hütten haben da seit
einem Jahr Telefon) fragten wir bei der ersten Hütte, ob man da auch
übernachten könne. Man bot uns ein Zimmer mit 5 Betten, Halbpension
für 55.000 Lire pro Person an. Das Zimmer lag unter der Gaststube
mit ganz kleinem Fenster, das auch noch durch Brennholz umstellt war. In
dem Zimmer war es feuchtkalt, die Betten hingen durch. Aber immerhin gab
es auch ein Badezimmer mit WC und Sitzbadewanne.
Wir aßen erst mal eine Kleinigkeit. Jan wollte da bleiben, wir
anderen 4 fuhren mit den Rädern ohne Gepäck um die Stauseen herum.
Wir wechselten bei der Staumauer auf die rechte Seite des Sees und fuhren
dann am Cancano-See entlang. Schon der erste Tunnel ist ganz schön
finster. Der zweite, den man allerdings auch umgehen kann hat zwei Kurven
und ist daher im Mittelteil total dunkel. Mit den Fahrradfunzeln ist das
richtig gruselig, wenn man aus dem hellen Sonnenlicht kommt. Am Ende des
Cancano Sees oberhalb der Staumauer steht die Solena Hütte und daneben
eine Kapelle. Diese war erbaut worden als der alte Ort San Giacomo di Fraele
im See versunken ist. Die Kapelle musste dann noch mal versetzt werden,
als der Cancano See entstand.
Über die Staumauer des Cancano Sees fuhren wir hinüber zum
San Giacomo di Fraele Pass mit den beiden Sarazenentürmen, die gerade
renoviert werden. Die Passstraße hinunter nach Bormio (nicht asphaltiert)
wird von den Mountainbikern und Crossmotorradfahrern als Übungsstrecke
benutzt. Wir fuhren nur zwei Kehren hinunter, bogen dann scharf rechts ab
und folgten einem Hangweg (geschotterte Forststraße), die sich völlig
eben immer in etwa 1850 m Höhe oben am Hang hinzieht bis sie am Eingang
des Val Violas die Foscagno-Passstraße (Bormio-Livigno) kreuzt. Auf
der Terasse des an dieser Stelle stehenden Hotels tranken wir einen Capucino
und beeilten uns dann zurück zu unserem Nachtquartier zu kommen. Von
diesem Weg aus hat man immer wieder schöne Ausblicke in das Valdidentro
bis Bormio und auf die Ortler-Gruppe.
Die letzten 3 km wurden wir kräftig nass. Das angekündigte
Gewitter entlud sich. Jan lachte uns wieder aus; er war trocken geblieben.
In unserem Nachtquartier (1960 m) schliefen wir trotz der feuchten und
muffigen Luft gut.
6.Tag, Donnerstag 03.08.2000: Lago di san Giacomo
di Fraele - Chamana Solena - Bochetta di Forcola da Rims - Umbrail Pass
(Stilfser Joch) - Sta Maria
1000 bzw 1500 hm
Nach dem kargen Frühstück (in Italien ist die prima collatione
eigentlich immer sehr mager, aber auf den Berghütten sollte man schon
etwas mehr erwarten dürfen) radelten wir im Morgennebel los. Wir nahmen
den Weg wie am Vortag zunächst rechts am Lago di San Giacomo di Fraele
entlang dann über die Staumauer. Bei dem dort stehenden Rifugio di
Fraele nahmen wir erst mal ein zweites Frühstück ein und versorgten
uns mit Salami-Pannini. Dort hätten wir auch noch ein Quartier bekommen
in einem hellen freundlichen Zimmer mit Balkon und Seeblick. Das Essen
wäre reichhaltiger gewesen und die Wirtsleute haben mittlerweile ganz
gut Deutsch gelernt. Seit einem Jahr gibt es sogar Telefon (0030 0342 902459).
Nun mussten wir Jan noch die finsteren Tunnel zeigen (er hatte kein
eigenes Licht am Rad) und bald nach der Solena Hütte, nach der Überquerung
eines kleinen Passes (2008 m) zweigte unser Weg durch das Val Forcola
links ab. Zunächst ging es noch abwärts, was uns etwas irritierte,
dann stieg es auf der Militärstraße aus dem 1. Weltkrieg steil
bergan. Direkt am Weg blühten Edelweiß.
Bei der Alp di Forcola (2311 m) war niemand da und so schoben wir auf
der steilen Militärstraße weiter bergan. Zwei volldurchtrainierte
Mountainbiker aus Österreich ohne Gepäck strampelten flott an
uns vorbei. Wir erwarteten, die beiden hinter der nächsten Biegung
wie tote Käfer am Boden liegen, aber wir sahen die überhaupt
nicht mehr. So etwas ist richtig deprimierend. In 2700 m Höhe tauchte
plötzlich eine Ruine einer Kaserne aus dem 1. Weltkrieg auf. Die Gebäude
waren noch ganz gut erhalten. Oben auf der Forcola da Rims (2768 m) erwartete
uns dann ein Schützengraben, Bunker und ein Ausblick zum Stilfser
Joch. Krieg in dieser unwirtlichen Gegend, Wahnsinn.
Bilder von der Furcola da Rims ansehen
Die Abfahrt zum Umbrailpass machte richtig Spaß. Der Weg (single
Trail) zog sich am Hang stetig fallend entlang. Im Blick hatten wir das
aufziehende Gewitter, das uns gerade noch vor Erreichen der Italienischen
Zollstation auf dem Umbrailpass erwischte. Ein paar Meter neben der Zollstation
gibt es ein Hotel in dem wir eine Kleinigkeit aßen.
Anselm wollte trotz des schlechten Wetters unbedingt den höchsten
Punkt unserer Reise auf dem Stilfser Joch im Sommerskigebiet (3050 m) erreichen,
obwohl die Sicht saumäßig war. Wir anderen warteten noch eine
einigermaßen trockene Phase ab und fuhren dann über den Umbrailpass
ab nach Sta Maria. Anselm berichtete dann, dass er sich oben auf dem Stilfser
Joch unterstellen musste, weil das Gewitter um ihn herum tobte.
Dann sei er doch noch bis hinauf ins Skigebiet geradelt. Er war nass aber
glücklich, als wir uns in Sta Maria in der JH wieder trafen. Die Abfahrt
auf der Umbrailpassstraße (teilweise nicht asphaltiert) haben wir
alle genossen.
Bilder vom Umbrailpass ansehen
Jan war in einer Kehre vom schleudernden Fahrrad gesprungen. Aber wir
kamen schließlich alle nass und heil in der Jugendherberge an. Weil es
unser letzter gemeinsamer Abend war, gingen wir in das älteste Gasthaus
des Münster Tals und aßen verschiedene typische Gerichte: Kapauns
(in Mangold Blätter eingewickelter Kloßteig mit Speck), Pizzocherie
(Vollkornbandnudeln mit Spinat, Knoblauch und Käse).
Danach spielten wir in der historischen Engadiner Stube in der JH Hauruck.
7. Tag: Sta Maria - Lüsai - Lü - Costainas
Pass - S-charl - Scuol - Sur En.
1000 hm
Nach dem guten JH-Frühstück radelten wir zunächst ein
Stück auf der Ofenpassstraße bergan. Es regnete leicht. Dann
bogen wir rechts ab und fuhren bzw. schoben die steile asphaltierte Fahrstraße
nach Lü hinauf.
Bilder von der Auffahrt nach Lü ansehen
Nach Lü ging es zunächst ein Stück eben auf einer geschottertenFahrstraße,
dann ging es steiler bergauf durch einen hochstämmmigen Lärchenwald.
Plötzlich ein Knall wie ein Schuss. Der Reifen an Anselms Hinterrad
war geplatzt. Der Mantel war von der Bremse durchgescheuert. Achim hatte
Klebeband dabei. Wegen der Nässe haftete das nicht richtig aber als
Notreparatur ging es schon. Kurz vor der Passhöhe kam noch ein ganz
steiles Stück und dann waren wir oben auf dem Costainas Pass (2251m).
Leider ging es dann bei immer stärkerem Regen auf einem schönen
Single Trail Pfad hinunter bis zur Alp Astra.
Bilder vom Costainaspass ansehen
Nun fuhren wir in rasender Fahrt bei strömendem Regen über Scharl hinunter bis an den Inn und weiter nach Sur En. Es wurden ordentlich
Bremsklötze verbraucht. Oben waren die Bremsen noch stramm eingestellt,
unten konnte man den Hebel bis an den Griff ziehen. Es gab sogar einmal
eine brenzlige Situation, weil einer von uns die Bremsen nicht rechtzeitig
nachgestellt hatte.
In Sur En genossen wir erst mal ein warmes Duschbad auf dem Campingplatz,
aßen eine Kleinigkeit und fuhren dann alle nach Hause.
Bilder der Teilnehmer ansehen